Angesichts der angespannten Lage des städtischen Haushalts spielten die Finanzen eine große Rolle in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderates am 20. Juli 2021. Das Thema sei nicht nur für die politischen Entscheidungsträger, sondern für die gesamte Stadtgesellschaft äußerst wichtig, fasst Bürgermeister Christian Walter zusammen.

Bereits während der Haushaltsberatungen im Frühjahr war deutlich geworden, dass Erträge und Aufwendungen in einem nicht mehr tragfähigen Missverhältnis stehen. Denn mit einem Defizit (Abschreibungen eingerechnet) von rund 6,9 Millionen Euro schreibt der Gesamtergebnishaushalt 2021 tiefrote Zahlen. Der Schuldenstand im Kernhaushalt wird Ende des Jahres 2021 planmäßig rund 25,8 Millionen Euro betragen und liegt mit 1.351 Euro je Einwohner deutlich über dem Schuldenstand vergleichbarer Kommunen im Regierungsbezirk Stuttgart in Höhe von 299 Euro je Einwohner.

Um die finanzielle Lage vertieft zu betrachten, fand im Juni eine gemeinsame Haushaltsklausur von Gemeinderat und Stadtverwaltung statt. Der Gemeinderat wurde dabei erstmalig darüber informiert, dass eine Untersuchung der Stadtverwaltung für die nächsten Jahre einen Bedarf an (Ersatz-)Investitionen in die städtische Infrastruktur in Höhe von circa 250 Millionen Euro ausweist. Ergebnisse und Eckpunkte dieser Beratungen haben in das Memorandum zur Haushaltspolitik Eingang gefunden. Es ist als eine politische Grundsatzvereinbarung beziehungsweise Selbstverpflichtung für Politik und Verwaltung für die bevorstehenden finanzpolitischen Herausforderungen zu verstehen. Das Memorandum wurde in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderates am 20. Juli 2021 durch einstimmigen Beschluss des Gemeinderates offiziell bekräftigt und kann hier abgerufen werden.

In der Gemeinderatssitzung stellte Bürgermeister Christian Walter auch dar, dass die von der Verwaltung vorgeschlagenen Steuererhöhungen, die insgesamt Mehreinnahmen von rund 708.000 Euro bedeuten, nur einen kleinen Teil des Defizits von 6,9 Millionen Euro abdecken. Daher seien weitere Konsolidierungsmaßnahmen, darunter auch Einsparungen, notwendig. Dennoch sei es wichtig, diesen Schritt zu gehen. Mit einem Blick auf die Gebührenkalkulation sowie mit der Beteiligung an der Netze BW gehe man zudem weitere Schritte. So hat der Gemeinderat in der Sitzung am 20. Juli auch eine Erhöhung der Kita-Gebühren sowie der Verwaltungsgebühren beschlossen. Der Beschluss zur städtischen Beteiligung an der Netze BW wurde bereits in der Gemeinderatssitzung am 22. Juni gefasst. Ein umfassendes Konsolidierungskonzept, das vor allem die freiwilligen Aufgaben der Stadt und somit denkbare Einsparpotenziale aufzeigt, wird parallel zu den anstehenden Haushaltsplanberatungen für den Haushalt 2022 im Herbst vorgelegt.

Erhöhung der Vergnügungssteuer

Bereits ab 1. August 2021 hat der Gemeinderat die Erhöhung der Vergnügungssteuer beschlossen. Bei Geräten mit Gewinnmöglichkeiten wird der Steuersatz von bisher 24 v.H. auf nun 25 v.H. der Bruttokasse erhöht. Bei Geräten ohne Gewinnmöglichkeiten ist die Erhöhung abhängig vom Standort. Steht das Gerät in einer Spielhalle oder in einem ähnlichen Unternehmen, wird die Vergnügungssteuer von 140 auf 150 Euro je Gerät und angefangenem Kalendermonat erhöht. Bei Geräten an einem sonstigen Aufstellungsort wird die Vergnügungssteuer von 40 auf 75 Euro je Gerät und angefangenem Kalendermonat erhöht. Sofern die Anzahl der aufgestellten Geräte konstant bleibt, rechnet die Verwaltung für das Jahr 2022 mit Mehreinnahmen in Höhe von 10.000 bis 20.000 Euro.

Erhöhung der Hundesteuer

Nach sieben Jahren soll die Hundesteuer zum 1. Januar 2022 erhöht werden. Von bislang 120 Euro pro Hund und Kalenderjahr wird die Hundesteuer auf 168 Euro erhöht. Dies entspricht einer monatlichen Erhöhung um 4 Euro. Für das Halten eines Kampfhundes wird der Steuersatz von derzeit 480 Euro auf 672 Euro erhöht. Auch die Steuern für das Halten mehrerer Hunde (oder Kampfhunde) werden entsprechend angepasst. Einen unveränderten Hundebestand vorausgesetzt, erhöht sich das Steueraufkommen der Hundesteuer für das Jahr 2022 um 45.000 Euro auf ca. 154.000 Euro.

Erhöhung der Gewerbesteuer

Bei der Gewerbesteuer hat der Gemeinderat auf Vorschlag der Verwaltung eine Erhöhung vom bisherigen Hebesatz von 380 v.H. um 20 Punkte auf 400 v.H. zum 1. Januar 2022 beschlossen. Kämmerer Ulrich Knoblauch betonte in der Gemeinderatssitzung, dass die Gewerbesteuer seit dem Jahr 1997 eine reine Gewinnsteuer sei. Die Erhöhung des Steuersatzes treffe daher nur die Gewerbebetriebe, die im Jahr 2022 und den Folgejahren einen Gewinn ausweisen. Daher sei die Erhöhung der Gewerbesteuer auch in Zeiten der Corona-Pandemie vertretbar. Durch die Erhöhung der Gewerbesteuer rechnet die Verwaltung mit jährlichen Mehreinnahmen in Höhe von etwa 210.000 Euro.

Erhöhung der Grundsteuer B

Mit einer Erhöhung um 60 Punkte von 390 v.H. auf 450 v.H. hat der Gemeinderat zum 1. Januar 2022 die Erhöhung der Grundsteuer B beschlossen. Die Auswirkungen der Grundsteuererhöhung auf verschiedene Gebäude hat die Verwaltung in den Sitzungsunterlagen dargestellt. So ist beispielsweise bei einem komplett sanierten Einfamilienhaus in Merklingen mit einer jährlichen Erhöhung um ca. 66 Euro, bei einem neugebauten Reihenhaus in Schafhausen um ca. 38 Euro und bei einer neugebauten Eigentumswohnung in Weil der Stadt um ca. 36 Euro zu rechnen. Beim Aufkommen der Grundsteuer B rechnet die Verwaltung durch die Erhöhung mit zusätzliche Einnahmen in Höhe von etwa 438.000 Euro im Jahr. Eine Erhöhung der Grundsteuer A schlägt die Verwaltung derzeit nicht vor.